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Erschöpft? "Diese Werbekampagne für Lehrer ist vollständig fehlgeschlagen"


Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider hat die neue Werbekampagne des Landes Baden-Württemberg zur Lehrergewinnung kritisiert. «Ich halte die Kampagne für gründlich missglückt», sagte der Professor der Universität Hohenheim in Stuttgart. Es sei schon richtig, dass das Ziel einer Werbekampagne Aufmerksamkeit sei. «Wenn ich die Aufmerksamkeit gewonnen habe, muss aber eine Botschaft folgen. Und diese Botschaft ist gar nicht gut», sagte Brettschneider. Das meinen auch die Lehrerverbände.

So sieht der Berufsalltag von Lehrerinnen und Lehrer garantiert nicht aus – auch wenn manche das meinen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Mit der Werbekampagne will das Kultusministerium nach Angaben eines Sprechers «Menschen mit Berufserfahrung und einer geeigneten Bildungsbiografie, die sich vorstellen können, ihrem Leben eine neue Perspektive zu geben» für den Lehrerberuf gewinnen. Auf einem Großplakat am Stuttgarter Flughafen heißt es: «Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer*in.» Lehrerverbände empören sich über die Kampagne und werfen dem Kultusministerium eine Geringschätzung des Lehrerberufs vor.

«Man wusste vor dieser Kampagne nicht, wie viel Blödheit auf ein einziges Plakat passt», teilte Karin Broszat, Vorsitzende des Realschullehrerverbands mit. Der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sagte: «Das Plakat ist eine Beleidigung für alle Lehrerinnen und Lehrer im Land. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle Lehrkräfte, die in drei Jahren Corona-Pandemie bis zur Erschöpfung gearbeitet haben.» Das Niveau der Kampagne sei unsäglich. «Dies ist eine Unverfrorenheit, die uns schlicht sprachlos macht», sagte Brand.

«Noch wichtiger, als neue Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen, ist es, die wertzuschätzen, die schon da sind»

VIDEO: ZOFF WEGEN WERBEKAMPAGNE: "Keinen Bock auf Arbeit morgen?" - Lehrer zeigen große Empörung
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«Die Lehrkräfte, die trotz massiver Belastungen allwöchentlich mit Nacht- und Sonntagsarbeit ihr Bestes gaben, fühlt sich durch diese Kampagne nach Strich und Faden verhöhnt», kritisierte der Vorsitzende des Philologenverbands Ralf Scholl. Statt Geld für provokative Werbung auszugeben, solle das Kultusministerium lieber die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessern. «Dann würde der Lehrerberuf auch wieder interessant genug für wirklich motivierte Studienanfänger», so Scholl.

Es gebe in Teilen der Bevölkerung noch immer den Eindruck, dass Lehrerinnen und Lehrer ständig Urlaub hätten, bestätigt Brettschneider. «Das wird durch die Kampagne verstärkt – und das schadet der Reputation des Absenders und des Berufs», so der Kommunikationswissenschaftler. «Das war keine gute Idee.»

Es spiele auch keine Rolle, welche Botschaft das Kultusministerium eigentlich vermitteln wolle. «Es geht nicht darum, ob das Ministerium Lehrerinnen und Lehrer beleidigen wollte oder nicht, sondern nur darum, ob die Lehrerinnen und Lehrer sich beleidigt fühlen», so der Wissenschaftler. Das sollte man aus Brettschneiders Sicht vor einer Werbekampagne überprüfen. «Noch wichtiger, als neue Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen, ist es, die wertzuschätzen, die schon da sind.»

«Wir wissen um die enormen Leistungen und den täglichen Einsatz unserer Lehrkräfte. Auf die Idee, dass Lehrkräfte faul seien, kommt hier überhaupt niemand»

VIDEO: Kein Bock auf Arbeit - Werde Lehrer!
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Das Kultusministerium verteidigt die Kampagne. Diese richte sich ausdrücklich an eine Zielgruppe, die derzeit noch nicht als Lehrerin oder Lehrer arbeite – und funktioniere. «Bereits nach der ersten Woche hatten wir über die Landingpage der Kampagne 8000 Weiterleitungen auf unsere Webseite zur Lehrkräfteeinstellung», sagte ein Sprecher des Ministeriums. Zudem sei ein deutlicher Anstieg bei den Anmeldungen auf einem Portal für Vertretungslehrkräfte zu beobachten. Von Mitte Juli bis Anfang August hätten sich dort 370 Bewerberinnen und Bewerber registriert. Im Vorjahreszeitraum seien es etwa 100 gewesen.

Die Kritik der Verbände, das Land beleidige mit der Kampagne Lehrkräfte, wies der Sprecher zurück: «Wir wissen um die enormen Leistungen und den täglichen Einsatz unserer Lehrkräfte. Auf die Idee, dass Lehrkräfte faul seien, kommt hier überhaupt niemand.» Man wolle einfach mehr Lehrkräfte gewinnen und sei sich da auch mit den Verbänden einig. «Und dafür ist die Kampagne ein Mittel», sagte der Sprecher.

Für grundsätzlich richtig hält die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Kampagne des Landes. Es sei schade, aber auch nachvollziehbar, dass etliche Lehrkräfte die Kampagne in den falschen Hals bekommen hätten, sagte die Landesvorsitzende Monika Stein. Um für den Beruf zu werben, regt die Gewerkschaft an, auch Referendarinnen und Referendare über die Sommerferien zu bezahlen oder die Besoldung von Grund- und Hauptschullehrern anzuheben.

Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei forderte hingegen von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) eine Entschuldigung bei den Lehrerinnen und Lehrern im Land. Die Kampagne sei ein «verantwortungsloses Spiel mit Vorurteilen». News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers heiß diskutiert:

„Keinen Bock auf Arbeit? Dann werde doch Lehrer*in!“ Empörung über Werbekampagne

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Author: Rebecca Gordon

Last Updated: 1702418522

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